Haushalt 2023 – Defizit von über 26 Mio. € | Kommunale Finanzkrise droht
Am letzten Montag vor Weihnachten wird der Brühler Stadtrat den Haushaltsplan für 2023 beschließen. Dieser sieht ein Defizit von knapp 27 Mio. € vor. Das Jahresergebnis fällt sogar mit mehr als 30 Mio. € im Minus noch schlechter aus. Doch wie bereits in den vergangen Jahren werden alle Corona-bedingten Mindereinnahmen isoliert bzw. neutralisiert und somit in die Zukunft verschoben. Seit diesem Jahr werden zusätzlich auch noch alle Mehrkosten infolge des Ukraine-Krieges ebenso neutralisiert. In Summe sind dies gut 7 Mio. €, die dadurch erst nach 2026 zu begleichen sind.
Datenstand Einbringung Haushalt 31.10.:
Datenstand Beschlussvorlage 05.12.:
Erträge | 147 Mio.€ |
Aufwendungen | -177,2 Mio.€ |
Ordentliches Ergebnis |
-30,2 Mio. € |
Ergebnis Finanzplan | -4 Mio. € |
Corona- & Ukraine-Neutralisierung | 7,4 Mio.€ |
Defizit (Ausgleich über allgemeine Rücklage) |
-26,9 Mio.€ |
Damit verharrt Brühl in die tiefroten Zahlen und sieht sich weiter einem wachsenden Schuldenberg entgegen. Bei einer Nettoneuverschuldung von über 160 Mio.€ bis 2026 werden die Gesamtschulden der Stadt Brühl Ende 26 planmäßig rd. 300 Mio.€ betragen.
Dabei entgeht man dem Haushaltssicherungskonzept (HSK) – quasi gleichbedeutend der kommunalen Insolvenz – nur durch regelmäßige Entnahmen aus der Gewinnrücklage der Stadtwerke. Für die Jahre 24 und 26 sind hier 17 und 12 Mio.€ geplant. Dabei gilt zu bedenken, dass auf diesen Entnahmen über 15% Steuern zu entrichten sind.
Ab 2026 kommt der Neutralisierungshammer
Jahr für Jahr schmilzt somit die Allgemeine Rücklage ab, auf Basis dessen die 5%-Grenze ermittelt wird, die keine zwei Jahre in Folge als Defizit überschritten werden darf.
Planmäßig würden dadurch von den heute noch über 100Mio.€ Rücklage Ende 26 keine 70 Mio.€ mehr übrig bleiben. Dies ist insofern kritisch, da nach 26 alle Mindereinnahmen und Mehraufwände nach dem sog. NKF-Covid-19-Ukraine-Isolierungsgesetz (NKF-CUIG) ergebniswirksam über maximal 50 Jahre abgeschrieben oder alternativ ganz oder in Teilen ergebnisneutral gegen die Allgemeine Rücklage ausgebucht werden müssen. Die derzeitige Summe dieser gesammelten Isolierungen beträgt knapp 40 Mio.€. Das würde für 2027 entweder bedeuten, dass die allg. Rücklage auf rd. 30 Mio.€ abbricht und somit die 5%-Grenze nur noch 1,5 Mio.€ betragen würde. Oder man schreibt sich für die kommenden 50 Jahre einen Betrag von etwa 780.000€ ab, der Jahr für Jahr das Ergebnis belastet.
Düstere Perspektiven inmitten multipler Krisen
Neben dem strukturellen Defizit der Stadt Brühl im zweistelligen Millionenbereich, steht der Haushaltsentwurf 23 unter den düsteren Vorzeichen der allgemeinen Energiekrise infolge des Ukraine-Krieges sowie der höchsten Inflationsrate der Bundesrepublik. Damit einher geht ein deutlich gestiegenes Zinsniveau, dass zukünftige Investitionen wieder schwieriger gestalten. Die Folgen dieser multiplen Krisensituation sind aber auch erhebliche Risiken für Steuerausfällen auf Grund von Insolvenzen, Kaufkraftverlust der lokalen Nachfrage sowie teure Hilfen zur Stützung der Stadtwerke Brühl.
Und so ordnet der Hauptgeschäftsführer des deutschen Städte- und Gemeindebunds Dr. Landsberg die aktuelle Situation wie folgt ein:
„Wir stehen sehr wahrscheinlich vor der größten Finanzkrise der Städte und Gemeinden seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland.“
Neue Feuerwache fällt Brühl auf die Füße
Und wäre es nicht schon dramatisch genug, kommt mit dem Neubau der Feuer- und Rettungswache das teuerste Bauprojekt der Geschichte auf die Stadt zu. Notwendig wird dies, da der derzeitige Standort in Brühl-Ost nach Vorgaben des Landes nicht mehr alle Haushalte in der erforderlichen Maximalzeit erreicht. Zudem sind die dortigen Gebäude inzwischen zu klein für Berufs-, Freiwillige, Jugend- und Kinderfeuerwehr geworden. Das Thema ist indes nicht neu – schon seit 2012 berät der Rat darüber. Doch vor allem der abgewirtschaftete Zustand der aktuellen Wache macht einen Neubau umso dringender.
Mit derzeit geschätzten rd. 85 Mio.€ wird es sogar eine der teuersten Feuerwachen in ganz NRW. Die tatsächliche Summe könnte sogar noch weit darüber liegen. Rechnet man die Baukosteninflation der kommenden Jahre bis zur Fertigstellung hinzu ist auch ein Betrag von 130 Mio.€ keineswegs unrealistisch.
Die Kosten rühren in erster Linie vom neuen Standort an der Römerstraße und dem dortigen aufwendig herzurichtenden Untergrund. Zudem soll die Wache in der Größe deutlich wachsen, um den gestiegenen Anforderungen gerecht zu werden.
Doch auch die von Rot-Grün beschlossenen PV-Wandanlagen, Dachbegrünung und Holzfassade lassen die Kosten in die Höhe schnellen. Besonders pikant: Letzteres ist eigentlich für diesen Gebäudetyp bauvorschriftlich gar nicht zugelassen.
Für Brühl rächt sich nun, dass in den letzten Jahren an allen Enden (Personalaufblähung, Luxusrathaus, ideologische Projektförderung) das Geld nur so zum Fenster herausgeworfen wurde. Das einzig Positive daran: Durch die damit entstehenden jährlichen Abschreibungskosten von knapp 2 Mio.€ wird deutlich weniger Geld für weitere rot-grüne Experimente zur Verfügung stehen.
Verkehrsexperiment am Belvedere
Doch noch scheint das Geld da zu sein. Schließlich veranschlagt die Ratskoalition über 100.000€ zur Ausweitung der Europäischen Mobilitätswoche im kommenden Jahr. Dabei soll der Belvedere-Parkplatz und die nördliche Kölnstraße für 4 Wochen für den motorisierten Individualverkehr gesperrt werden. Mit diesem Verkehrsexperiment wollen SPD und Grüne den ersten Schritt zur autofreien Innenstadt proben. Jegliche Negativauswirkungen auf den Einzelhandel und die umliegende Gastronomie werden dabei billigend in Kauf genommen. Die Schließung des letzten verbliebenen offenen Innenstadtparkplatzes wird indes ohne Schaffung von wirklichen Alternativen im ÖPNV geschehen. Da das Angebot des ÖPNV – lokal wie überregional – immer noch zu unattraktiv ist, wird kurzerhand die Verbots-Keule rausgeholt.
Windpark im Ville-Wald geplant
Auch an anderer Stelle soll es dramatische ideologische Einschnitte geben. Wie bereits von uns kommuniziert sollen nach Mehrheit im Rat mehrere Windkraftanlagen im Ville-Wald beim Bleibtreusee aufgestellt werden. Kürzlich wurden hierfür die sog. Windkonzentrations- bzw. Potentialflächen veröffentlicht. Ziel soll es sei den Flächennutzungsplan dahingehend anzupassen, dass Wald für Windkraft gerodet werden darf. Und das nur, damit Brühl endlich seinen eigenen Windpark bekommt. Wir lehnen diesen kommunalen Wettstreit um die meisten Erneuerbaren Energien ab. Insbesondere Windenergieanlagen sollten stets überregional geplant werden, damit möglichst hohes Windpotential einerseits und möglichst geringe Eingriffe in die Natur andererseits sichergestellt werden. Hier im provinziellen Klein-Klein zu denken und zu handeln bringt weder der Versorgungssicherheit etwas noch hilft es der Umwelt.
Daher werden wir alles daran setzen, dass Flora und Fauna im Brühler Wald erhalten werden kann.
Positive Lichtblicke
Doch wo Schatten ist, ist meist auch Licht. Und so gibt es auch positive Aspekte der finanziellen Entwicklung Brühls. Denn sowohl der Abschluss des letzten Jahres als auch die Prognose für das laufende Jahr fällt überraschend positiver aus als ursprünglich geplant. So wird voraussichtlich die einkalkulierte Entnahme aus den Gewinnrücklagen der Stadtwerke für 22 doch nicht benötigt, da die ausgewiesenen Gewerbesteuereinnahmen höher ausfallen als erwartet. Dies entspannt die Liquiditätssituation der Stadtwerke im Rahmen der derzeitigen Energiekrise und spart zudem auch knapp 2 Mio.€ Steuern ein.
Aufgrund der enormen Belastungen der privaten Haushalte infolge der hohen Inflation und Energiepreise hat sich die Verwaltung außerdem dazu entschieden, die ursprünglich für 23 geplante Grundsteuererhöhung zumindest zu verschieben.
Brühl lebt über seine Verhältnisse
Leider ist das alles andere als ein Grund zur Entspannung und darf nicht als Aufforderung zu weniger Haushaltsdisziplin missverstanden werden. Schließlich machte Kämmerer Radermacher erneut deutlich, dass Brühl weiter über seine Verhältnisse lebt. Und wenn sich die Ausgaben nicht den Einnahmen anpassen würden, sind irgendwann Steuer- und Gebührenerhöhung unvermeidlich.
Dass die unbedingte Notwendigkeit zur Konsolidierung weder in Verwaltung noch in der Politik angekommen ist, wird auch bei den Haushaltberatungen deutlich. Mit noch weiteren finanzwirksamen Anträgen von SPD und Grüne in Höhe von über 2 Mio.€ wird mehr als deutlich, dass das rot-grüne Wunderland ohne Umwege ins Haushaltssicherungskonzept führt.
Wir fordern eine nachhaltige Finanzpolitik
Wir fordern den Bürgermeister und die rot-grüne Ratsregierung deshalb ein weiteres Mal auf die Finanzen der Stadt wieder auf eine nachhaltige Basis zu stellen und somit die finanzielle Grundlage der nachfolgenden Generationen nicht weiter zu gefährden. Konsolidierung und Bescheidenheit müssen das Gebot der kommenden Jahre sein.
Daher haben wir in den Haushaltsberatungen Sparvorschläge im Volumen von über 300.000 Euro eingebracht, um die Haushaltslage ein Stück weit zu entlasten.
Darüber hinaus gilt aber: Aufwände müssen ganz grundsätzlich wieder auf das Notwendigste beschränkt bleiben und nicht durch falsche Förderanreize gesteuert werden. Darüber hinaus ist eine weitere Belastung von Bürgern und Unternehmen für rein ideologische Projekte und Maßnahmen ist nicht hinnehmbar.
Der Leitgedanke der intergenerativen Gerechtigkeit muss endlich (wieder) in der Brühler Finanzpolitik gelebt werden. Sonst droht gerade angesichts von Corona- und Ukraine-Rückzahlungen sowie des Megaprojekts Feuerwache sehr zeitnah das Haushaltssicherungskonzept.
Weitere Informationen zum Haushalt 2023 finden Sie hier:
https://www.bruehl.de/haushalt.aspx